Warum braucht es Grundsätze in der Mediation?
Das oberste Ziel jeder Mediation ist das Win-Win-Prinzip: eine konstruktive Konfliktlösung, bei der sich alle Beteiligten als Gewinner fühlen. Nur wenn beide Parteien mit dem Ergebnis zufrieden sind und ihre Bedürfnisse berücksichtigt sehen, kann von einer wirklich erfolgreichen Mediation gesprochen werden. Um dieses anspruchsvolle Ideal zu erreichen, bedarf es jedoch klarer Rahmenbedingungen und Spielregeln. Die folgenden acht Grundsätze bilden das unverzichtbare Fundament für einen Mediationsprozess, der echte Win-Win-Lösungen ermöglicht. Sie schaffen den geschützten Raum und die Vertrauensbasis, ohne die konstruktive Konfliktlösung nicht möglich wäre.
Freiwilligkeit
Alle Beteiligten nehmen aus eigenem Antrieb und ohne äußeren Zwang an der Mediation teil. Diese Grundhaltung ist essentiell für den Erfolg des Verfahrens, da nur motivierte Parteien bereit sind, offen zu kommunizieren und konstruktive Lösungen zu entwickeln. Jede Partei kann die Mediation jederzeit beenden, ohne Rechtfertigungsdruck oder negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Die Freiwilligkeit schafft das notwendige Vertrauen für einen ehrlichen Dialog.
Vertraulichkeit
Alles was während der Mediation besprochen wird, unterliegt strengster Verschwiegenheit. Der Mediator und alle Beteiligten verpflichten sich, keine Informationen nach außen zu tragen oder in anderen Verfahren zu verwenden. Diese Vertraulichkeit ermöglicht es den Parteien, auch sensible Themen anzusprechen und ihre wahren Interessen offenzulegen, ohne befürchten zu müssen, dass diese gegen sie verwendet werden. Nur so kann ein geschützter Raum für offene Kommunikation entstehen.
Neutralität
Der Mediator bleibt inhaltlich neutral und nimmt keine Bewertung der Streitpunkte vor. Er äußert keine eigenen Meinungen zum Konflikt und schlägt keine konkreten Lösungen vor, sondern unterstützt die Parteien dabei, ihre eigenen Wege zu finden. Diese Neutralität gewährleistet, dass die Konfliktlösung authentisch von den Beteiligten selbst entwickelt wird und nicht durch externe Vorstellungen beeinflusst wird. So bleiben die Parteien Herr des Verfahrens und der Ergebnisse.
Allparteilichkeit
Der Mediator verhält sich gegenüber allen Konfliktparteien gleichermaßen unterstützend und aufmerksam. Er ergreift keine Partei und bevorzugt niemanden, sondern sorgt für faire Gesprächsbedingungen und ausgewogene Redezeiten. Allparteilichkeit bedeutet, die Anliegen aller Beteiligten ernst zu nehmen und ihnen mit derselben Wertschätzung zu begegnen. Diese Haltung schafft Vertrauen und ermöglicht es allen Parteien, sich gehört und respektiert zu fühlen, was die Kooperationsbereitschaft erhöht.
Eigenverantwortung
Jede Konfliktpartei übernimmt Verantwortung für ihren eigenen Anteil am Konflikt und reflektiert ihre Rolle in der Entstehung und Eskalation. Statt anderen die Schuld zuzuweisen, erkennen die Beteiligten ihre eigenen Handlungen und deren Auswirkungen an. Diese Selbstverantwortung ist der Schlüssel für echte Veränderung, da nur wer seine eigene Beteiligung anerkennt, auch bereit ist, sein Verhalten zu ändern und konstruktive Lösungen mitzutragen.
Informiertheit
Alle relevanten Informationen werden transparent geteilt, damit die Parteien fundierte Entscheidungen treffen können. Jede Seite hat das Recht, alle für die Lösung wichtigen Fakten zu erfahren und eigene Informationen einzubringen. Der Mediator sorgt dafür, dass Missverständnisse geklärt und Wissenslücken geschlossen werden. Nur auf Basis vollständiger und korrekter Informationen können nachhaltige und faire Vereinbarungen getroffen werden, die später nicht aufgrund falscher Annahmen scheitern.
Ergebnisoffenheit
Zu Beginn der Mediation steht das Ergebnis nicht fest. Alle denkbaren Lösungsmöglichkeiten bleiben offen, auch solche, die zunächst unwahrscheinlich erscheinen. Diese Offenheit ermöglicht kreative und innovative Lösungsansätze, die über klassische Kompromisse hinausgehen. Die Parteien können gemeinsam neue Wege erkunden, ohne sich vorab auf bestimmte Optionen festzulegen. So entstehen oft überraschend tragfähige Vereinbarungen, die alle Beteiligten zufriedenstellen und Win-Win-Situationen schaffen.
Lösungsorientierung
Der Fokus liegt auf der Zukunft und der Entwicklung praktikabeler Lösungen, nicht auf der Vergangenheit und Schuldzuweisungen. Statt endlos über vergangene Verletzungen zu diskutieren, arbeiten die Parteien konstruktiv an ihrer gemeinsamen Zukunft. Diese Orientierung motiviert alle Beteiligten, aktiv nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen und kreative Ansätze zu entwickeln. Die Lösungsorientierung macht die Mediation effizient und zielgerichtet, da die Energie in konstruktive Bahnen gelenkt wird.
„Alles ist bereits gesagt worden, aber da niemand zugehört hat, müssen wir von vorne beginnen.“
André Gide